Das Frankfurter Fernmeldehochhaus zwischen Zeil und Großer Eschenheimer Straße im Jahr 1954. Foto: unbekannt

Das Fernmeldehochhaus Frankfurt 1951-2004. Ein kurzer Abriss

14. November 2024 – 9. März 2025

Frankfurts Bedeutung als nationales und internationales Kommunikationszentrum beginnt auf einem Areal zwischen Zeil und Großer Eschenheimer Straße. Insbesondere der Bau des Fernmeldehochhauses sticht innovativ hervor. Ab 14. November 2024 zeigt das Museum für Kommunikation mit Das Fernmeldehochhaus Frankfurt 1951-2004. Ein kurzer Abriss die Entstehung des bedeutendsten Gebäudes der 1950er-Jahre in Frankfurt mit Aufnahmen von namhaften Fotografen. Neben der Architektur war auch die Kommunikationstechnik dieses und zugehöriger Gebäude zukunftsweisend und auf dem aller neuesten Stand. In diesem Zusammenhang wirft die Biografie von Architekturfotograf Rudolf Sandalo (1899 – 1980) die Frage auf, ob seinen Aufnahmen nicht nur ein künstlerisches Interesse, sondern gar Spionageabsichten zugrunde lagen.

Flyer zur Ausstellung zum Download (DE/EN)

Begleitprogramm zur Ausstellung im Download (DE)

Begleitprogramm

Sa 25.01.2025 | 15 - 18 Uhr Erzähl-Café mit Kaffee und Kuchen Führung
Mi 12.02.2025 | 18 - 20 Uhr Rundgänge mit Kuratorin Margret Baumann Führung
Sa 22.02.2025 | 14 - 16.30 Uhr „Rollender Stadtspaziergang“ – mit dem Rad der Vernetzung auf der Spur Führung
Sa 01.03.2025 | 14 - 15 Uhr Architekturführung durch den Behnischbau und die Villa des Museums für Kommunikation Führung
So 02.03.2025 | 14 - 16.30 Uhr „Rollender Stadtspaziergang“ – mit dem Rad der Vernetzung auf der Spur Führung


Alle Veranstaltungen

Einblick in die Ausstellung

Seit Jahrhunderten ist die Stadt Frankfurt ein Zentrum der Kommunikation. In den Jahren 1951 bis 2004 ist das Fernmeldehochhaus ein weithin sichtbarer Ausdruck dafür. Ab 1958 ist das neue Postamt 1 an der Zeil in das Bauensemble eingebunden, und sämtliche Post und Telekommunikationsdienste sind nun vereint. Bis zu 5.000 Menschen arbeiten hier, stolz auf ihren modernen Arbeitsplatz. Der Westturm der Gebäudeanlage ist mit 69 Metern der höchste Bau der Stadt. „Nicht höher als der Dom!“ ist die Vorgabe von Oberbürgermeister Walter Kolb und vom Bauamt und hält im Jahr 1949 höherfliegende Pläne der Post in Grenzen. Seit den 1960er Jahren aber sind weitere Hochhäuser höher als der Kirchenbau mit seinen 95 Metern. Sie beeinträchtigen den Richtfunk und stören die Übertragung.

Schon Ende der 1960er-Jahre ist das als riesig erachtete Fernmeldehochhaus aufgrund des rasanten Wachstums der Kommunikationsdienste zu klein. In Bockenheim baut die Post daher den 337,5 Meter hohen Fernmeldeturm, der 1979 eingeweiht wird. Einige Dienste werden in Neubauten verlagert, die Telegrafie wird nach und nach eingestellt. „Es herrscht Abbruchstimmung“, heißt es schon in den frühen 2000er Jahren. Im Jahr 2004 beginnt der Rückbau der „vorbildlichen und original erhaltenen Bauten der Nachkriegsmoderne“ (Daniel Bartetzko), der Abriss folgt. Doch die Stadt ist ein Zentrum der Kommunikation geblieben − als einer der größten Internetknotenpunkte der Welt. An das Fernmeldehochhaus erinnern Fotografien und die Geschichten der Menschen, die daran und darin gearbeitet haben.

Bereiche des Rundgangs

Architektur

Postbauten

In den 1950er Jahren ist das Frankfurter Fernmeldehochhaus mit dem Postamt 1 ein singulärer Postbau. Doch auch die folgenden Jahrzehnte, besonders die 1980er Jahre, sind von Großbauprojekten der Deutschen Bundespost und der Oberpostdirektion Frankfurt geprägt. Auf den Europaturm, 1979 eingeweiht, folgen neue Postgebäude am Hauptbahnhof und das Postgiroamt Frankfurt; das Postamt 1 wird bereits saniert. 1,5 Milliarden Mark beträgt damals das jährliche Bauvolumen der Post für Gebäude, deren Stil bald aus der Mode ist.

Bild: Ansichtspostkarte; Außenansicht des Fernmeldegebäudes der Deutschen Bundespost (Fernmeldehochhaus) in Frankfurt/Main, ungelaufen

Frankfurts Innenstadt wird im Zweiten Weltkrieg zu neunzig Prozent zerstört, entsprechend sind die Nachkriegsjahre geprägt von Trümmerarbeiten und Bautätigkeiten. Viele neue Gebäude entstehen, doch das Fernmeldehochhaus ist für viele Menschen etwas Besonderes. Sie lernen es in  Wochenschaubeiträgen und bereits 1953 als Briefmarkenmotiv kennen. Über die Baufortschritte und die Einweihung wird in vielen Medien berichtet. Für die Arbeit im Hochhaus sucht die Post, besonders in den Anfangsjahren, dringend Personal.

Pläne und Modelle

Am 1. Januar 1947 werden die amerikanische und die britische Besatzungszone zum Vereinigten Wirtschaftsgebiet zusammengeschlossen. Die Hauptverwaltung für das Post- und Fernmeldewesen erhält ihren Sitz in Frankfurt am Main. Sie beschließt im August 1947 den Neubau von Fernmelde- und Postbauten auf dem alten Postgelände. Durch Zukauf wird das Gelände erweitert. In den folgenden Jahren ändern sich die Pläne immer wieder, bis 1951 die Bauarbeiten beginnen. Im Jahr 1956 wird das Fernmeldehochhaus, 1958 das Postamt 1 an der Zeil eingeweiht. Weil der Nachrichtenverkehr rasant zunimmt, sind jedoch schon bald bauliche Erweiterungen erforderlich.


Eine Nahaufnahme zeigt einen Besuchenden, der sich die Architekturpläne der Fernmeldebauten Frankfurt am Main ansieht

Menschen

Die frühen 1950er Jahre sind von der Not der Nachkriegszeit geprägt, gleichzeitig herrscht rege Bautätigkeit in Frankfurt. Das Fernmeldehochhaus ist ein Symbol der neuen Zeit. Nur um es einmal zu sehen, kommen Menschen mit dem Fahrrad von weither. Hier vereint die Deutsche Bundespost ab 1958 sämtliche Kommunikationsdienste: den Postbetrieb, aber auch Telegrafie, Bildtelegrafie, Fernsprech- und Fernschreibdienste (TELEX). Die Rundfunkübertragungsstelle und die Kontrollstellen für das erste und später das zweite Fernsehprogramm befinden sich ebenfalls hier. Die Zahl der Beschäftigten steigt allein im Telegrafenamt von 225 „Kräften“ 1945 auf 1.250 Beschäftigte im Jahr 1956.

Und die Post sucht weiter: Angestellte für den mittleren Fernmeldedienst, Staatsangestellte für den einfachen Postdienst, Ingenieure für den gehobenen technischen Dienst und viele mehr. Mitte der 1960er Jahre sind über 5.000 Personen im „Postzentrum an der Zeil“ tätig.

Besuchende schaut sich Fotografien von verschiedenen Menschen an, die im Frankfurter Fernmeldehochhaus gearbeitet haben in der Ausstellung Das Fernmeldehochhaus Frankfurt 1951-2004

1950er Jahre

An solchen Vermittlungsschränken für den telefonischen Fernverkehr arbeiten in Frankfurt weibliche Postbedienstete. Das Objekt stammt aus dem Fernmeldehochhaus. Ab Mitte der 1950er Jahre sind dort regelmäßig junge Iranerinnen zur Aus- und Fortbildung, da dieselben Geräte auch in Teheran genutzt werden.


Eine Besucherin blickt auf den Klappenschrank und hält mehr Informationen in der Hand in der Ausstellung Das Fernmeldehochhaus Frankfurt 1951- 2004

Geschichten

Bald nach ihrer Gründung im Jahr 1950 vergibt die Deutsche Bundespost beim Neu- und Umbau von Postbauten erste Aufträge an Künstler und Künstlerinnen. Mindestens ein Prozent der Bausumme soll, „soweit Charakter und Rahmen des Einzelbauvorhabens dies rechtfertigen“, für Werke der Bildenden Kunst vorgesehen werden. Für das Fernmeldehochhaus und das Postamt 1 beauftragt die Oberpostdirektion mehrere Kunstschaffende. Sie gehören zu den bedeutenden Bildhauern der frühen Bundesrepublik Deutschland.

Ein Besucher schaut sich die Schwarzweiß Fotografien in der Ausstellung Das Fernmeldehochhaus Frankfurt an

Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt der Siegeszug der Telegrafie. Innerhalb weniger
Jahre entsteht in Deutschland ein dichtes Telegrafennetz, das die meisten Städte miteinander
verbindet und sich bald über den europäischen Kontinent ausdehnte. Die erste Ferntelegrafenlinie Deutschlands führt 1849 von Berlin nach Frankfurt am Main – dem Sitz der Nationalversammlung. Im privaten Rahmen werden bald Glückwunschtelegramme üblich, die zu Geburtstagen und Feiertagen eintreffen.


Bild:Ansichtspostkarte; Plakat „Das verbilligte Brieftelegramm für die Festtage auf Schmuckblatt“

1881 hat Frankfurt zwar ein erstes Telefonnetz, aber erst Mitte des 20. Jahrhunderts
wird das Telefon die Telegrafie nach und nach ablösen. Auch die meisten Telegramme
werden bald telefonisch aufgegeben. Im Fernmeldehochhaus schlägt das Herz der Telegrafie. Ab 12. Februar 1955 ist der Telegrafensaal im Nordbau bezugsbereit. Eine Hausrohrpostanlage verbindet ihn mit den Schalterdienststellen und der Telegrammzustellung. Nach einem Boom bis Mitte der 1960er Jahre nimmt der Telegrammverkehr stetig ab, bis er Ende 2022 vollständig eingestellt wird.


Bild: Plakat „Schmuck Telegramm – Der kleinste Anlass ist Grund genug.“
Werbung für Schmuckblatt-Telegramme der Deutschen Bundespost

Abriss

Das Ende einer Ära

Von 1951 bis 1958 werden Fernmeldehochhaus und Postamt 1 gebaut. Schon ab den 1970er Jahren lagert die Post schrittweise Betriebsstätten aus, und ab 1979 ersetzt der neue Fernsehturm viele Funktionen des Gebäudes. Das vor wenigen Jahrzehnten noch moderne Hochhaus verliert seine Bedeutung und seinen Charme: „Aus diesem so überaus repräsentativen Bau ist inzwischen ein schmuddeliger Hinterhof mit bröselndem Verputz und blinden Fenstern geworden“, beschreibt Dieter Bartetzko im Mai 1995 das, was vom Fernmeldezentrum an der Zeil übrig ist. Es ist ein Störfaktor auf wertvollem Grund. Ab Juli 2004 wird es abgerissen. Nach aufwendigen Rückbauten durch die Telekom, bei denen Kabel, Batterien und weitere Technik entsorgt werden, verwandelt Europas größter Bagger, der LH 974, das Gelände wieder in eine Trümmerlandschaft.Heute erinnern nur noch das neu errichtete Palais Thurn und Taxis und ein Gebäudeteil Richtung Nordosten an das einst viel bewunderte und oft fotografierte Fernmeldehochhaus.

top